2006/11/20

Fisch für den Menschen

Kernspaltung, Jagd und Vertrauen haben eines gemeinsam: Sie alle werden täglich zu bösen Zwecken genutzt und missbraucht.


Ich blicke durch das Dickicht hindurch und höre genau hin. Es raschelt. Das ist gut. Bald sehe ich ihn auch schon. Sein stolzer Körper bewegt sich mühelos über den unebenen Waldboden. Seine riesigen Tatzen nähern sich meiner Falle.

Geleitet von dem Geruch meines fischigen Köders läuft er zielstrebig auf die Stelle zu, wo ich zuschnappen werde. Noch ein bisschen – ein kleines bisschen – ja, er ist drin. Ein schöner brauner Bär sitzt in meinem Bärenkäfig.

Eine Situation wie sie jeden Tag passiert. Zwar nicht mit Bären, aber mit Menschen. Wie es in der Tierwelt „Fressen und Gefressen werden“ heißt könnte man für die Menschheit sagen: „Vertrauen und Fallengelassen werden.“

Was der Fisch für den Bären, das ist Vertrauen für den Menschen. Wenn uns jemand sagt, dass er uns vertraut, so sind wir sofort auf seiner Seite. Dann ist er plötzlich das Wichtigste. Denn mit so etwas sensiblen wie Vertrauen geht man vorsichtig um.

Vertrauen ist eigentlich der Atomkern einer jeden menschlichen Beziehung. Nun ist es mit Atomkernen aber so: Manchmal brechen sie einfach so. Spontane Spaltung passiert zum Beispiel beim radioaktiven Zerfall. Wenn das in einer Beziehung passiert, dann ist es halt so – es hat eben nicht gepasst.

Bei Kernen kommt es aber meistens zu einer induzierten Spaltung. Dabei trifft ein anderes Teilchen auf den Kern und bringt ihn zur Spaltung. Eine ganz schön zerbrechliche Sache das ganze.

So wie die Atomphysik zu niederen, gemeinen Zwecken ausgenutzt wird, wird auch Vertrauen ausgenutzt. Ist das Menschlein nämlich erst mal am Vertauensköder, so kommt er dann da nicht mehr weg. Dann sitzt er in der Bärenfalle. Ist das Menschlein dann mal gemein, muss man nur schnell eine SMS schicken: „Jetzt weißt du warum ich niemandem vertraue.“ Und schon ist das Menschlein wieder handzahm – oder formbar!?

Egal welchen Mist der SMS-Sender so tut, das Menschlein wird ihm folgen bis es genug ist. Dann ist es wie mit der Kernspaltung und der Wilderei: Wenn man hat was man will kann der Rest weg. Atommüll kommt in tiefe Katakomben und die Bärenknochen kommen in den Müll.

So wie Wilderei das Schlimmste für Tierschützer ist, ist diese Art von Vertrauensmissbrauch das Schlimmste für mich. So wie es zu viele Wilderer mit Gewehren gibt, gibt es auch zu viele verabscheuungswürdige Menschen mit dieser Masche.

2006/11/13

Hosenterror

Für Frauen bedeutet shoppen Entspannung. Von Schaufenster zu Auslage bummeln und sich mit schönen Dingen umgeben gibt Frauen den Ausgleich zum Alltag, den sich Männer beim Sport holen. Wenn da nicht dieses Problem wäre.


Oberteile sind das Salz in der Suppe beim Shoppen. Tops und Blusen findet man immer und in Massen. In allen Farben und Größen, zu jedem Preis hängen sie im Geschäft und strahlen von ihrem Bügel runter.

Schuhe gibt es wie Sand am Meer. In Bonn gibt es weit mehr Schuhläden, als Apotheken und die Auswahl ist riesig. Leder, Wildleder, Kunstleder. Turnschuh, Stiefeletten und Highheels – was auch immer du suchst: Es wird dich finden.

Das wichtigste Kleidungsstück aber bereitet Probleme. Männer schauen Frauen auf den Hintern – und der steht und fällt mit der Hose, in dem er steckt. Hosen machen sexy oder unförmig. Hosen entscheiden über Mann oder Memme – Job oder Hartz IV.

In den meisten Läden hängen viele Hosen. Extrem viele schöne Hosen. Ich nehme mir eine kleine Auswahl von etwa zwanzig Jeans in Hellblau und verziehe mich in Richtung Kabine. Hinter dem Vorhang lege ich meine Jeans ab und schmeiße mich in die neue.

Sie sitzt perfekt – wundervoll. Ein Traum von einer Hose. Um die Hose auch ganz richtig beurteilen zu können bücke ich mich um meine Schuhe anzuziehen. Dabei fällt mir eins auf. Etwas fällt hier raus. Etwa im Bereich meines Hinterns wird es gerade sehr kalt.

Die Hose hat das Bücken offensichtlich nicht gut vertragen. Denn sie hat entschieden, dass sie meinen Po nicht weiter bedecken will. Shit happens, will ich sagen und probiere die nächste.

Die Szenerie wiederholt sich. Eine perfekte Hose, nur Sitzen kann man in ihr nicht.
Super Hose um auf einer Messe als Hostess zur arbeiten. Die sitzen auch nie. Leider habe ich zurzeit keinen Job als Hostess in Aussicht, sondern bin unter die Sesselpupser gegangen. Da braucht man was in dem man auch sitzen kann.

Nach etwa achtzehn weiteren Hosen, in denen mein Hintern entweder nach Pferd aussieht oder im Sitzen raus fällt, stehe ich kurz vorm Nervenzusammenbruch. Wem zur Hölle passen diese Dinger?

Frustriert rufe ich etwa sechs Freundinnen an, die alle das gleiche berichten: Hüfthosen soweit das Auge reicht, und keinem passen die Dinger. Ich möchte den Herren Mauritz, Esprit und Diesel eine böse eMail schreiben in denen ich ihnen klar mache, dass sie sich auf dem falschen Weg befinden.

Dann steht plötzlich eine Verkäuferin vor meiner total verwüsteten Umkleide. „Kann ich helfen?“ – Klar, Sie können mir noch zwanzig weitere Jeans bringen, und mich danach zum Psychiater… „Ähem, vielleicht.“ antworte ich und strecke meinen Kopf aus der Kabine. „Ich brauche eine Hose, in der ich auch sitzen kann!“

Die Verkäuferin grinst mich an. „Das wollen sie alle.“ Sie dreht sich auf dem Absatz um und läuft weg. Ich seh' schon, es ist völlig aussichtslos.

Ich ziehe die zwanzigste furchtbare Hose aus und mache mich auf den Weg zurück in mein Stück Stoff, dass zwar mittlerweile unten rum recht verfranst ist, in dem man sich aber bücken kann so viel man will.

Plötzlich fällt mir etwas auf den Kopf. „Ich hab ihnen da mal zwei Modelle über die Kabinen-Tür geworfen, probieren sie die mal!“ Die Verkäuferin hat doch nicht etwa das unmögliche zustande gebracht?

Erstaunt schaue ich die Hose an. Einfache Jeans ohne Hickhack und Fransen, im Boot-Cut. So wie all die anderen zuvor. Ich schmiege mich rein, der Stoff sich an mich. Ich trete aus der Kabine heraus vor den großen Spiegel. Sitz perfekt.

Die Verkäuferin bringt mir einen Stuhl. Ich setze mich und fange vor Glück fast an zu weinen. Für Männer, die das an dieser Stelle nicht verstehen ausgedrückt: Ich habe das Gefühl, dass der FC wieder in der ersten Liga spielt!