2009/04/10

Zombies erwachen nach Drei

Nach sechs Wochen Wolfsburg fange ich langsam an hier ernsthaft Fuß zu fassen und Menschen kennen zu lernen, die nicht in der Autostadt arbeiten. Es ist hier ein bisschen mühselig, aber Geduld wird letztendlich belohnt.

„Willst du dich im Ernst im Auto umziehen?“, „Warum denn nicht – du fährst doch!“. Da ich Donnerstag erst um 21.30 richtig Feierabend gemacht hatte musste das Auto als Umkleide herhalten. Für meine Arbeitskollegin Svenja absolut unerklärlich, „also so was hab ich ja noch nie erlebt – jeder Wolfsburger braucht mindestens eine halbe Stunde und zwei Quadratmeter Spiegel zum fertig machen.“ Ich komme glücklicherweise mit einem Beifahrersitz und dem Spiegel in der Klappe zurecht.

Bevor ich ins lange Oster-Wochenende starte wollte ich noch einmal schön feiern gehen. Unser ersten Anlaufpunkt: die bereits bekannte Nachtschicht. Donnerstags Location der „1 Euro Party“. Am Eingang fällt mir auf, wie die Gäste scheinbar Briefe an die Türsteher abgeben. Svenja erklärt „die sind noch keine 18 und haben eine Einverständniserklärung der Eltern dabei.“ Hier wunder mich so was schon lange nicht mehr.

Da in den Ferien sehr, sehr viele junge, overstylte Jugendliche diese Erklärung dabei haben bleiben wir nicht lange, sondern wechseln in die Esplanade. Einen kleinen, aber optisch sehr ansprechenden Club hinter einer Reihenhausfassade. Motto der Party 70ger/80ger – ein gute Laune versprechendes Motto.

Was wir vorfinden sind allerdings in erster Linie Zombies. Zumindest macht es den Eindruck. Niemand lächelt, Frauen tanzen mit Frauen, neben der Tanzfläche wippen die Männer mit Füßen und Köpfen. Rämpelt man während des Tanzens aus Versehen jemanden an und will sich entschuldigen bekommt man nur eine kalte Schulter, nicht mal einen bösen Blick – haben die hier Angst vor mir?

Svenja, die an dieses eigentümliche Verhaltensschema bereits gewohnt ist, und ich machen das beste aus der Sache und tanzen ausgelassen und fröhlich lachend – was die Sympathie der Männer anzog, die der Frauen im Keim erstickte. Bis 3 Uhr hatten wir zwar genau ausgelotet, dass wir nicht annähernd auch den gleichen Typ Mann stehen, aber immer noch mit niemandem geredet.

Dann passierte eine Verwandlung: Langsam spürte man die kühle Anonymität schwinden – in einem Laden mit maximal 200 Gästen eigentlich kein Wunder, aber in Wolfsburg braucht man scheinbar länger. Menschen, die sich vorher nicht angesehen hatten begannen Gespräche, Männer tanzten auch mal mit Frauen und Menschen lächelten zurück.

Auch wir kamen ins Gespräch mit einer Reihe von Leuten. Also – Männern, die Frauen hatten uns ja wie bereits angedeutet bereits in den Kreis der Ausgestoßenen gedrängt… Lustiger Weise war eine der ersten Fragen im Gespräch an mich immer „wo kommst du denn her?“ Schon letzte Woche beim brunchen hatte die Kellnerin uns erklärt, dass man die Auswertigen immer sofort erkennt, „denn die sind freundlich.“

Der Abend endete erfolgreich mit drei Männern auf der Rückbank (nicht was ihr denkt – wir haben netter Weise Taxi gespielt, weil die bei Svenja um die Ecke wohnten) und einem Date zur Einführung in die Kunst des Paintballsports. So gesehen also ein außerordentliche erfolgreicher Ausflug in das Wolfsburger Nachtleben.

Keine Kommentare: